Open Innovation (dt. „offene Innovation“)

30
Apr.

Kooperation als Schlüssel zu beschleunigtem Fortschritt

Open Innovation (dt. „offene Innovation“) beschreibt einen kooperativen Ansatz in Forschung und Entwicklung, bei dem Unternehmen und Organisationen sowohl interne als auch externe Ideen, Ressourcen und Pfade zur Markteinführung aktiv nutzen. Gegenüber dem klassischen „Closed Innovation“-Modell, das auf firmeninterne Forschung und Geheimhaltung setzt, eröffnet Open Innovation durch Partnerschaften, Wissenstransfer und Crowd-Einbindung neue Potenziale für Effizienz, Kreativität und Wettbewerbsvorteile.


Ursprung und Definition

Geprägt wurde der Begriff Anfang der 2000er Jahre von Henry Chesbrough, Professor an der University of California, Berkeley. In seinem wegweisenden Werk „Open Innovation: The New Imperative for Creating and Profiting from Technology“ (2003) formulierte er erstmals die Grundidee: Unternehmen sollten nicht allein auf eigene F&E-Kapazitäten vertrauen, sondern bewusst Wissen von außen einkaufen und intern entwickeltes Know-how extern verwerten.

Kurz gefasst umfasst Open Innovation zwei Richtungen:

  • Outside‐In‐Innovationsprozesse, bei denen externe Ideen, Technologien oder Kompetenzen ins Unternehmen geholt werden (z. B. durch Kooperationen mit Start-ups, Universitäten oder durch Crowdsourcing).
  • Inside‐Out‐Innovationsprozesse, bei denen firmeneigenes Wissen an Partner außerhalb lizenziert oder in Gemeinschaftsprojekte eingebracht wird.

👉 Mehr zur Grundidee und Geschichte auf der Wikipedia-Seite zu Open Innovation .


Treiber und Motive

  1. Komplexität moderner Technologien
    Forschungsgebiete wie Künstliche Intelligenz, Biotechnologie oder Quantenmaterialien verlangen Spezialwissen, das nur selten vollständig im eigenen Haus verfügbar ist. Open Innovation erlaubt die Bündelung globaler Expertise.
  2. Kürzere Innovationszyklen
    Durch externe Kooperationen lassen sich Entwicklungszeiten drastisch verkürzen. Ein Beispiel: Automobilhersteller integrieren Sensorik-Start-ups, um autonome Fahrfunktionen schneller marktreif zu entwickeln.
  3. Risikoteilung und Kosteneffizienz
    Die Verteilung von F&E-Investitionen auf mehrere Partner senkt das finanzielle Risiko einzelner Akteure und erhöht die Kapitalrendite.
  4. Erweiterung von Marktchancen
    Inside-Out-Strategien wie Lizenzvergaben oder Spin-Off-Gründungen erschließen neue Einnahmequellen und erhöhen die Reichweite eigener Technologien.

Instrumente und Methoden

1. Kooperation mit Forschungseinrichtungen

Unternehmen schließen Forschungspartnerschaften mit Universitäten und außeruniversitären Instituten (z. B. Fraunhofer-Gesellschaft, Max-Planck-Gesellschaft), um gemeinsam Prototypen zu entwickeln und Wissen zu transferieren. Solche Wissens- und Technologietransfer-Zentren ermöglichen den Zugriff auf modernste Laborausstattung und wissenschaftliche Publikationen.

2. Joint Ventures und strategische Allianzen

Durch die Gründung von Joint Ventures bündeln mehrere Unternehmen Ressourcen für spezifische Innovationsvorhaben. In der Pharmabranche sind solche Partnerschaften üblich, wenn es um die kostenintensive klinische Erprobung neuer Wirkstoffe geht.

3. Crowdsourcing und Wettbewerbe

Breit angelegte Open-Call-Aktionen, Hackathons oder Challenge-Wettbewerbe nutzen die Kreativität einer ungebundenen Community. Plattformen wie Innocentive oder Kaggle (für Daten-Science-Wettbewerbe) veranschaulichen, wie Unternehmen durch Prämienlösungen externe Lösungsansätze gewinnen.

4. Lizenzierung und Spin-Offs

Unternehmen setzen gezielt auf Technologielizenzierung, um eigene Patente zu monetarisieren, oder erleichtern Mitarbeitenden den Grünen Tisch für Spin-Off-Gründungen, um innovative Ideen in eigenständigen Start-ups weiterzuentwickeln.

5. Open Source und Kooperationen

In Software- und Elektronikbereichen ist Open Innovation eng verbunden mit Open-Source-Modellen (u. a. Linux-Kernel, Arduino-Plattform), bei denen Code und Hardware-Designs öffentlich geteilt werden. Dadurch profitieren Gemeinschaften und Unternehmen gleichermaßen von kollektiver Weiterentwicklung.


Erfolgsfaktoren und Herausforderungen

Erfolgsfaktoren

  • Klare Governance: Transparente Regeln zu IP-Rechten, Vertraulichkeit und Gewinnverteilung schaffen Vertrauen zwischen Partnern.
  • Kultur der Offenheit: Führungskräfte müssen eine Innovationskultur fördern, in der externe Ideen wertgeschätzt und interne Silos aufgelöst werden.
  • Modulares Portfoliomanagement: Identifikation von Innovationsfeldern, die sich für Outsourcing eignen, und solche, die unter eigener Kontrolle bleiben sollten.

Herausforderungen

  • IP-Risiken: Der Austausch sensibler Forschungsergebnisse erfordert präzise Lizenzverträge, um Know-how-Verlust zu verhindern.
  • Koordinationsaufwand: Vielerorts steigen Managementkosten, wenn zahlreiche Partner integriert werden und Abstimmungsprozesse komplexer werden.
  • Kulturbarrieren: Unterschiedliche Arbeits- und Forschungskulturen zwischen Konzernen, Mittelstand und Universitäten erschweren die Zusammenarbeit.

Praxisbeispiele in Deutschland und Europa

  • Automobilindustrie: OEMs wie BMW und Volkswagen betreiben Corporate Venture Capital-Einheiten, um in Start-ups für elektrische Antriebe oder autonomes Fahren zu investieren.
  • Pharma & Biotech: Konzerne wie Bayer kooperieren mit Biotech-Zentren, um neue Wirkstoffe in präklinischen Studien voranzutreiben.
  • Energie-Innovation: In Forschungsclustern („Energiewende-Hubs“) arbeiten Stadtwerke, Fraunhofer-Institute und Technologiefirmen gemeinsam an Smart-Grid-Lösungen.

Ein Beispiel für politische Unterstützung finden Sie in der Europäischen Kommission, die im Rahmen der «Open Innovation, Open Science, Open to the World»-Initiative Open Innovation als Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit Europas propagiert .


Ausblick: Open Innovation 2.0

Während klassische Modelle auf projektbezogene Kooperationen setzen, entwickelt sich aktuell der Ansatz Open Innovation 2.0, der stärker auf Quadruple-Helix-Strukturen (Wirtschaft, Wissenschaft, Regierung, Zivilgesellschaft) und die Idee von Living Labs basiert. In solchen realen Testumgebungen werden Innovationen unter Alltagsbedingungen erprobt und iterativ verbessert. Städte wie Barcelona oder Amsterdam experimentieren bereits mit Living Labs für Mobilitäts-, Gesundheits- und Energieprojekte.


Strategie zur Beschleunigung technologischen Fortschritts

Open Innovation ist weit mehr als ein Schlagwort: Es ist eine umfassende Strategie zur Beschleunigung technologischen Fortschritts, die Wissenstransfer, Kooperationen und Partizipation verbindet. Indem Unternehmen gezielt externe Ressourcen und interne Erfindungen kombinieren, lassen sich Entwicklungszeiten verkürzen, Risiken reduzieren und neue Märkte erschließen. Gleichzeitig erfordert Open Innovation eine ausgefeilte Governance, einen kulturellen Wandel und klare IP-Modelle, um nachhaltigen Erfolg zu gewährleisten.

Als integraler Bestandteil der Innovationspolitik fördert Open Innovation nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Akteure, sondern stärkt die Innovationsökosysteme ganzer Regionen. Wer heute auf Offenheit setzt, kann morgen zu den Pionieren gehören, die maßgeblich an der Gestaltung einer vernetzten, wissensbasierten Wirtschaft von morgen mitwirken.