VR-Brillen

04
Jan

Ich gleite mit einem Surfbrett über die Welle, die blaue Wellenwand baut sich vor mir auf, hinter mir bricht sie krachend auf das Riff. Mein Instinkt sagt mir, ich soll mein Gewicht verlagern, um die Linie auf der Welle zu bestimmen, was jedoch nicht funktioniert. Ich stehe auf keinem Surfbrett, sondern sitze auf meinem Sofa mit einer Virtual Reality Brille. Egal wo ich mich hindrehe, füllt ein 360-Grad Video mein Sichtfeld aus.

Samsung Gear VR

Die Brille von Samsung heißt Gear VR, bei der man ein Smartphone des Herstellers einklemmt, das als Display der Brille fungiert. Die Gear VR sieht wie eine zu wuchtig geratene Skibrille aus und ist das erste Gerät, das einen Vorgeschmack darauf gibt, was einen dieses Jahr erwartet. Die Hersteller sind davon überzeugt, dass die Technik einen Durchbruch haben wird. Wer einmal eingetaucht ist wird kaum einen Zweifel daran haben, dass man mit der VR-Technologie ein mächtiges Medium auf den Markt bringt. Wird die Virtual-Reality-Technik richtig umgesetzt, hat man das Gefühl an einem anderen Ort zu sein und nicht nur ein Video von einem anderen Ort zu sehen. Es hilft nichts, dass man weiß, dass man nur im Wohnzimmer sitzt und nicht am Rand einer Klippe. Die Beine werden sich dagegen wehren in den Abgrund zu treten. Die erzeugte Erfahrung durch die neue Technologie spricht die instinktive Ebene des Gehirns an.

Einer der Pioniere der VR-Filme erklärte, dass die Virtuelle Realität das erste Medium wäre, bei dem das Medium selbst verschwinde, man würde nicht mehr auf ein Rechteck an der Wand starren oder eine Seite in der Hand halten. Die virtuelle Realität basiert darauf, dem Gehirn durch das audio-visuelle System etwas vorzugaukeln. Man füttert das Gehirn mit Reizen, die nah genug an dem sind, was das Gehirn erwartet, um etwas als wahrhaftig zu bewerten. Der Unterschied zu anderen Medien ist, dass man sich daran erinnern müsse, nicht zu glauben, was man sieht. Den VR-Machern kommt das Gehirn zugute, denn wenn erst einmal eine gewisse Qualität des audio-visuellen Reizes erreicht ist, ergänzt das Gehirn selbst fehlende Signale.

Selbst Videos die eine mäßige Qualität erreichen, können das Gefühl erzeugen, dass man ganz woanders ist. Gear ist weit weg davon um perfekt zu sein, man erkennt einzelne Pixel und die Bildqualität vieler Videos wird schlecht, wenn sie gestreamt wird. Die Brille erfasst zudem auch nicht die Position des Trägers im Raum, zwar registiert sie, ob man sich umsieht, aber nicht, ob man sich nach vorne neigt. So hat der Nutzer das Gefühl als würde er einen Moment auf einer Welle surfen, aber nicht dauerhaft.

In dem Jahr sollen eine ganze Reihe von Geräten auf den Markt kommen, die technisch ambitionierter, aber auch teurer sind als die Gear, Sony oder HTC wollen aber vermehrt Videospieler ansprechen, die Treiber für die erste VR-Welle werden sollen. In den nächsten vier Jahren sollen fast die Hälfte des Umsatzes mit Spielen erzielt werden, im Jahr 2020 sollen es knapp 14 Milliarden Euro werden. Bereits 2016 werden die ersten aufwendigen Spiele erwartet: Bei Eagle Flight fliegt der Nutzer als Adler über Paris und kann den Kurs mit seinen Kopfbewegungen bestimmen.

Technik kann ganz andere Branchen verändern

Die Technik wird sich bei ganz anderen Branchen verändern, zum Beispiel sind Analysten davon überzeugt, dass virtuelle Showrooms den Besuch stationärer Immobiliengeschäfte revolutionieren könnte. Virtuelle Rundgänge durch Luxusimmobilen bietet für finanzkräftige Käufer aus Asien eine Einfliegemöglickeit an, um den Vertrag zu unterschreiben – die Vorauswahl treffen sie bereits mit der VR-Brille. Der Nachteil ist, dass man beim Erleben der anderen Realität noch derzeit alleine bleibt. Man kann den Freunden nur davon erzählen, was sich aber ändern soll. Oculus hat für die Gear VR bereits eine erste App herausgebracht, die es möglich macht mit bis zu sechs anderen Personen Video-Streams zu sehen – sie können sich dann mit ihnen darüber unterhalten. Was völlig unmöglich klingt, könnten die ersten Schritte sein, um Skype-Telefonate abzulösen, indem man das Gefühl hat, mit dem Gesprächspartner im gleichen Raum zu sein, so ist man anderen Personen viel näher als über ein Videogespräch. Zuckerberg ist davon überzeugt, dass man mittels der neuen Technologie nicht nur Momente mit den Freunden online teilen kann, sondern ganze Erlebnisse.

Ob die Technik dieses Versprechen einlösen kann, ist ungewiss. Bewegungsübelkeit ist bei vielen Anwendungen noch ein Problem, klar ist aber, dass sich die VR-Apps in den nächsten Jahren stark verändern werden. Oculus-Investor Chris Dixon sagt, dass die nächsten Jahrzehnte der Virtual-Reality-Entwicklung ähnlich sein wird wie bei den ersten Jahrzehnten des Films. Es dauerte Jahre bis überhaupt erst verstanden wurde, wie Filmschnitte eingesetzt werden konnten, um eine Geschichte erzählen zu können. „Im Bereich virtuelle Realität hat nun ein ähnliches Zeitalter des Entdeckens begonnen“ – so der Investor.