Barcelona verbannt Autos

27
Jun

Statt Autolärm und stockendem Verkehr sind auf den Straßen spielende Kinder und Jugendliche zu hören, während die Eltern auf Bänken sitzen und die Sonne genießen. Mit seinem Superblock Konzept hat Barcelona einige Stadtviertel radikal autofrei gemacht. Kreuzungen und Straßen sind nun eine Begegnungsstätte für Anwohner und Passanten, wobei der Verkehr außenrum geleitet wird. Doch können solche Superblöcke auch in Deutschland umgesetzt werden?

Keine Autos in den Superblöcken

Zu dem “ Urban Mobility Plan of Barcelona“ der für die Jahre 2013 bis 2018 gilt, gehört auch das Modell der Superblöcke, bei dem neun Häuserblöcke zu einem sogenannten Superblock zusammengefasst werden. In Barcelona sind die Viertel schattbrettmusterartig aufgebaut, wodurch ein Quadrat entsteht. In dem Gebiet der Superblöcke fahren so gut wie keine Autos, allerdings liegt die Höchstgeschwindigkeit bei zehn Stundenkilometern.

Fußgänger und Radfahrer haben Vorrang vor Autos

Anscheinend scheinen die Superblöcke in Barcelona gut zu funktionieren. Bei dem Konzept haben Fußgänger und Radfahrer Vorrang vor Autofahrern. Anwohner und Lieferanten können durch die Blöcke fahren, der übrige Verkehr wird aber umgeleitet. Autofahrer können nicht durch den ganzen Block fahren, sondern immer nur um einzelne Teilblöcke und immer nur links abbiegen. Die frei gewordenen Flächen, wie ehemalige Kreuzungen sind nun Spielplätze oder Fußballfelder. Statt großer Straßen sollen bei den Superblöcken Fahrrad- und Fußwege ausgebaut werden, wodurch es den Anwohnern leichter fällt, auf das Auto zu verzichten.

Händler leiden nicht unter fehlendem Autoverkehr

Der Verkehrsexperte sieht bei den Superblöcken nur positive Effekte. Dadurch, dass weniger Autos in den Superblöcken fahren, würde es insgesamt leiser werden, wodurch es auch weniger schädliche Abgase gibt. Doch nicht alle sind von der Idee von der Superblöcke begeistert, da Händler anfangs Angst hatten, Kunden zu verlieren durch den wegfallenden Autoverkehr. Doch der Experte kann die Händler beruhigen, die Händler müssen keine Angst vor autofreien Zonen haben, denn Fahrradfahrer und Fußgänger sind schließlich die besten Kunden. Wenn die Kunden mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind, kommen diese meist aus der Umgebung und kehren immer wieder zu den Geschäften zurück. Außerdem wären diejenigen, die in der Nähe der Geschäfte ihre Autos parken, oft gar keine Kunden.

In Deutschland sind Superblöcke durch weniger Autos möglich

Auch in Deutschland sind Superblöcke in vielen deutschen Städten geplant, so dass man einzelne Blöcke zu Superblöcke zusammen fassen könnte. Der Experte gibt allerdings zu bedenken, dass die Superblöcke kein Allheilmittel sind und man schauen muss, was situationsbedingt Sinn ergibt und man sollte integriert denken. Man sollte die unterschiedlichen Ansätze wahrnehmen und schauen, wie man diese verbinden kann. Es sei wichtig alle Verkehrsmittel und die Stadtstruktur in den Blick zu nehmen und die Bedürfnisse der Menschen mit einzubeziehen. Wichtig ist dafür zu sorgen, dass es genug Alternativen zum eigenen Auto gäbe. Es soll schließlich leichtfallen, auch ohne Auto seine Ziele gut zu erreichen, dabei müssten die Verbindungen gut sein und es könnten Schnellbuslinien eingeführt werden.

Es gibt in Deutschland aber schon andere Ansätze, um für weniger Autoverkehr zu sorgen: In Berlin will man beispielsweise eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung einführen. Als nächsten Schritt könnte man die Gebühren für die Anwohner erhöhen. Der Experte meint, dass die Parkplätze Geld kosten, doch sind die Gebühren für die Anwohner deutlich niedriger. Oft steht jedoch das Auto die ganze Woche auf dem Parkplatz und wird vor der Haustür gar nicht genutzt. Die Autobesitzer nutzen in den Städten öffentliche Verkehrsmittel und für Sonderfälle wird das Auto aber weiterhin verwendet. Der Experte glaubt, dass wenn die Gebühren noch weiter steigen, schafft sich das Auto von selbst ab.

Quartiersgaragen für Autos von Anwohnern und Car-Sharing

Es gibt noch weitere Ansätze für autofreie und autoberuhigte Zonen in Deutschland, in Berlin beispielsweise werden in neuen Wohngebieten allerlei Ideen und Konzepte entwickelt. Eine Idee beispielsweise ist, dass die Autoparkplätze gesammelt am Rande des Wohngebiets in Quartiersgaragen sind. Der Weg zum eigenen Auto soll genauso lang sein wie zu einem öffentlichen Verkehrsmittel, wodurch mehr Leute mit den öffentlichen Verkehrsmiteln fahren, weil sie genauso schnell bei Bus und Bahn wie bei ihrem Auto sind. Um Autos jedoch noch unattraktiver zu machen, könnten die Privatparkplätze dann noch mehr Geld kosten.

Zudem gibt es die Idee, in den Quartiersgaragen allerlei Share-Alternativen anzubieten – so könnten sich Anwohner über Sharing-Angebote ein Auto, Fahrrad oder ein ähnliches Verkehrsmittel leihen. Auch der Anteil an E-Autos- könnte ausgebaut werden. In den Garagen würde man Ladestationen anbringen, allerdings sei es wichtig, dass man frühzeitig an Alternativen zu privaten Autos denkt und für attraktive Alternativen sorgt. So sollte man bei neuen Vierteln etwa zuerst Straßenbahnlinien und dann die Wohnungen bauen. Eine weitere Idee für solche Quartiere ist es, dass Waren und Pakete nicht mehrmals, sondern nur einmal pro Tag geliefert werden.

In Deutschland gibt es schon einige Beispiele bei denen keine oder nur nur sehr wenige Auto fahren – der Platz am Brandenburger Tor ist erst autofrei geworden, seit das Tor saniert werden musste und die Leute Gefallen daran fanden, dass um das Tor herum keine Autos mehr fahren durften.

Wer Straßeninfrastruktur sät erntet Autos

Man muss nicht jede Idee eins zu eins übernehmen, sondern sollte auch auf die Rahmenbedingungen vor Ort achten. Der Experte ist sich sicher, dass es in Zukunft nicht anders geht, als mit weniger Kfz-Verkehr. Es würde sich schon einiges ändern. Während man früher bei der Aufteilung des öffentlichen Raumes oft zuerst am Autoverkehr orientiert habe, stehen nun Radfahrer und Fußgänger im Vordergrund.

Es wird also nicht zuerst geplant, wie viel Platz man für Straßen braucht, sondern wie viel für das öffentliche Leben. Wer Straßeninfrastruktur sät erntet Autos, so ist sich der Experte sicher. Wenn die Straßen breit seien, sorgt das für mehr Autos. Bei den neuen Berechnungen wird etwa danach geschaut, wie viel Platz Gastronomie auf den Bürgersteigen für Tische oder Händler für ihr Angebot brauchen. Radwege sollen breiter werden, damit sich auch Radfahrer problemlos überholen können. Das sorgt unter anderem dafür, dass immer mehr Menschen auf Autos verzichten wollen. Auch der demografische Wandel zeigt seine Auswirkungen: Wenn die Leute immer älter werden, müssen die Bürgersteige immer breiter werden, damit sie problemlos mit Rollatoren befahren werden können.

Fazit: Die Ideen für autoberuhigte und autofreie Zonen sind also da und werden teilweise auch schon umgesetzt. Dabei sollte je nach Ort geschaut werden, was sinnvoll ist. Wenn die Rahmenbedingungen passen, könnte man sich in Zukunft auch an Barcelona orientieren. Der Experte ist sich sicher, dass die Zeit auch in Deutschland irgendwann reif für Superblöcke ist.