Erste smogfressende Straße in Chicago

29
Mrz

Chicago ist mit fast drei Millionen Einwohnern die drittgrößte Stadt der USA, die am Südwestufer des Michigansees liegt. Man arbeitet dort an dem Image, die grünste Stadt in den USA zu sein, deswegen passt es ganz gut, dass man kürzlich die „grünste Straße Amerikas“ eröffnet hat. Man denkt hier eher an eine Allee, die durch eine parkähnliche Umgebung führt – aber weit gefehlt: die Straße wird jeden Tag von tausenden Lastwagen befahren und führt durch ein Industriegebiet.

Aber genau dort ist eine smogfressende Straße in Planung, um die Atembeschwerden der Anwohner zu mindern. Die Straße besteht aus einem innovativen Fahrbahnbelag einem sogenannten Photokatalytischem Zement, der mit Titandioxid-Nanopartikeln spezialbeschichtet wurde. Eine photokatalytische Reaktion liegt dieser Technik zugrunde, die unter der Einwirkung von Sonnenstrahlung die im pflanzlichen Chlorophyll stattfindende Photosynthese nachmacht – dadurch wird der Fahrbahndecke ermöglicht den Smog zu fressen, besser gesagt die Stickstoffoxide aus der umliegenden Luft einzufangen und in Salze, die gesundheitsfördernd sind, umzuwandeln. Angeblich ist die beschichtete Straße nach Herstellerangaben in der Lage bis zu 90 Prozent der vorhandenen Luftschadstoffe in verträglichere Bestandteile umzuwandeln, um somit die Entstehung von schädlichem Ozon zu vermeiden.

Die Innovation stammt aus Italien

Die Ergebnisse machen Mut und die Technik könnte in der Baustofftechnik eine Revolution auslösen, denn nicht nur Straßen, sondern auch Hauserfassaden würden sich beschichten lassen. Der Beton wurde von einem Hersteller in Italien entwickelt, da dort die Metropolen im Sommer vom Dauersmog geplagt sind.

Neben der grünsten Straße hat die Stadt aber noch mehr zu bieten und ist der Traum vieler Städteplaner:

  • Es sind am Rand der Straßenfläche sogenannte Bio Mulden angelegt, die etwa 80 Prozent des Regenwassers aufnehmen können, bevor dieses die Kanalisation erreicht und diese unter Umständen überlastet. Die Stadt hat nämlich das Problem, dass es dort sehr häufig Starkregen gibt und das belastete Abwasser über den Michigansee durch den Mississippi in den Golf von Mexiko fließt. Die Bepflanzung hält einiges aus und überlebt im Sommer auch lange Dürreperioden und kühlt die Fahrbahnoberfläche.
  •  Die Energie der Straßenlaternen wird aus Solar-Panels und kleinen Windrädern betrieben, was besonders in Chicago sinnvoll ist, denn die Stadt hat den Beinamen “ the windy city“ (die windige Stadt) erhalten. Die Fahrradspuren sorgen dafür, dass klimaneutrale Verkehrsmittel gefördert werden, was eigentlich sehr ungewöhnlich in den USA ist.
  • Etwa 60 Prozent des Abfalls kann recycelt werden und 23 Prozent der neuen Baustoffe beinhalten Materialien, die wieder verwertbar sind.

Das Umwelt- und Nachhaltigkeitsreferat der Stadtverwaltung von Chicago sagt, dass das ganze Projekt etwa 21 Prozent weniger Geld verschlungen hat, als ein gewöhnlicher Straßenbelag. Man glaubt weiterhin, dass die Betriebskosten geringer sein werden als sonst üblich. Erst muss aber noch geklärt werden, ob der Belag auch in anderen Klimazonen so effektiv eingesetzt werden kann, denn man braucht eine zuverlässige Sonneneinstrahlung, um gute Resultate zu erzielen. Der Weg führt aber auf jeden Fall in die richtige Richtung, da der Straßenbelag die Luftqualität verbessert und billiger als normaler Asphalt ist.

Es gibt aber auch Kritik: Man kann Autoabgase in direkter Nähe des Betons zu nahezu hundert Prozent zersetzen, doch die Abgase müssen auf den von der Sonne erwärmten Boden bleiben. Wärme verursacht jedoch Aufwinde und sobald die schädlichen Stoffe den Bodenbereich verlassen, ist ihre Verwandlung nicht gesichert. Angeblich soll diese noch bis zu 2,5 Meter Entfernung vom Untergrund messbar gewesen sein, aber noch schwieriger ist es aber, wenn Wind herrscht, denn dann werden die schädlichen Stoffe und Autoabgase verweht und können den katalytischen Belag überhaupt nicht erreichen. Der Baustoff muss auf jeden Fall auch unter grundlegend veränderten Luftfeuchten, Temperatur- und vor allem Lichtbedingungen untersucht werden, damit er auch in unseren Breitengraden funktioniert. Man darf gespannt sein, wann die erste Smog-fressende Straße in Europa gebaut wird.